Volkstrauertag Rückblick.

Veröffentlicht am 19.11.2012 in Ortsverein

Siegfried Schulz Rede Teil 4.

Pfarrer Müller in Stuttgart ist überrascht. Er weiß nichts von
Frau Friedemann. Die Kommunikation zwischen Berlin und
Stuttgart hat nicht geklappt, aber er nimmt Frau Friedemann
herzlich und freundlich auf. Aufatmen. Für einige Tage, für drei
vier Wochen: Aufatmen.

Dann die anderen Verstecke (Ich will doch wenigstens die
Namen dieser Menschen nennen): Pfarrer Gümbel, Pfarrwitwe
Kirschmann, Pfarrer Pfäfflin, Pfarrer Vorster, di Ehepaare Gesk
und Stöffler, Frau Pfarrer Goes, Pfarrer Eisenhut, Pfarrer
Pfeiffer. Daneben und dazwischen die Boten, die Wegbegleiter
bei Nacht, die Führerinnen. Frauen spielen eine große Rolle,
eine großartige Rolle. Die Männer sind im Krieg, manche
sind schon gefallen, andere in Gefangenschaft: Die Frauen
übernehmen mutig , vielleicht sogar mutiger die Rolle ihrer
Männer.

Aber es gibt auch Pfarrhäuser, da werden Glaubensjuden
nicht aufgenommen. Frau Friedemann ist Christin. Sie wird
akzeptiert. Aber der Riss, hier jüdische dort christliche
Deutsche, geht mitten durch die Familien.
Auch das muss man aushalten.

Oder „aushalten“ ganz konkret: Bei einem winterlichen Gang
zum Gottesdienst stürzt Frau Friedemann und verletzt sich,
kann kaum noch gehen, hat starke Schmerzen. Zum Arzt?
Welch ein Risiko! Sie lehnt ab, quält sich wochenlang.

Zu Waldenbuch schreibt Frau Friedemann: „...nach
Waldenbuch zu Pfarrer Pfäfflin...Sie hatten entzückende
Kinder, von denen einige drüben (in Südamerika) geboren
waren. Als ich dort war, war der Jüngste 10 Monate alt,
Michael, ein allerliebstes Kerlchen, von dem ich restlos
entzückt war...“ Auch dies gibt es, unter all der Last dieses
Entzücken.

In Berlin versteckt sich derweil die Tochter Susanne. Später
erzählt sie, wie der geschiedene Mann einer Tante, jetzt ein
hohes Tier bei der SS, mit einer Gruppe SS-Männer an ihrer
Tür klopft, ihr klar macht, dass ihr Leben jetzt in seiner Hand
liegt, droht, sie mitzunehmen.
So kann man mit Tod und Leben spielen, mit der Angst, mit der
Todesangst der Menschen.
Wenige Tage später ist dieser SS-Mann wieder da, diesmal
allein: Er könne natürlich von der Anzeige absehen, wenn sie
ihm eine größere Summe zahle. Susanne bezahlt – ratenweise
– in der nüchternen Überlegung, solange sie jeden Monat
500 Mark bezahlt, wird er sie nicht ans Messer liefern, seine
goldene Gans nicht schlachten...
Übrigens ist diese Vereinbarung vertraglich geregelt und
notariell bestätigt. Auch das ist im Berlin jener Jahre möglich.
Nur
Wie hält man dieses Spiel um Leben und Tod
aus? Und:
Wie hält der Täter sich aus, sich selbst aus?
Wenn er sich selbst begegnet in seinen Gedanken, in seinen Erinnerungen oder gar – nach Kriegsende – auf
der Straße einem seiner Opfer?
Am Ende dieses Teils ihrer Erinnerungen schreibt Frau
Friedemann :
„Abschließend möchte ich sagen, dass ich am eigenen Leibe
erfahren habe, dass es doch viele Deutsche gab, die Hitler
und seine Methoden verabscheuten und ihnen Widerstand
unter Gefahr ihres Lebens entgegensetzten wie all die Pfarrer
in Württemberg und auch die anderen Menschen. Ich bin
ihnen allen (zu)tiefst dankbar und freue mich immer, dass sie
sich meiner, die sie so freundlich aufgenommen hatten, in
Freundschaft erinnern.“

Am 12.Juli 1970 ist Elfried Friedemann, geb. Frank, alias Ella
Braun, kurz nach ihrem 92.Geburtstag in Berlin gestorben.

Im November 2012
Siegfried Schulz

 
 

Zufallsfoto

Siegfried Schulz - Gerechtigkeit

     

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